BV Haspe – Bericht vom 26. Mai 2021

Hagen und seine Radfahrer – eine Geschichte voller Liebe und Fürsorge…

Nein, sie haben es sich nicht leichtgemacht: Mitten im Winter, in der Januar-Sitzung der BV Haspe, tauchte das Thema „Ennepe-Radweg – Aufwertung des südlichen Trassenverlaufs“ erstmals auf der Tagesordnung des 13-köpfigen Gremiums auf. Nach einer „ersten Lesung“ (so heißt das, wenn sich das Gremium nicht zu einer Entscheidung durchringen kann), einem Ortstermin im dichten Schneetreiben (bei dem außer der Schreiberin dieser Zeilen kein Radfahrer gesichtet wurde, was vermutlich die These untermauert hat, dass der Radweg eigentlich eh nicht gebraucht wird) und einer zweiten Lesung im April (Ihr erinnert Euch sicher an meinen Bericht) kam der noch einmal überarbeitete Vorschlag des FB 61 (das ist der Fachbereich Stadtentwicklung, -planung und Bauordnung, in dem ganze zwei Personen für Radwege zuständig sind, allerdings ist die eine Person schon längere Zeit krank und die zweite Person demnächst in Elternzeit) jetzt ein drittes Mal auf die Tagesordnung – und wurde endgültig zu Grabe getragen. Hagen Aktiv und BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN stimmten dafür, an dieser einen, einzigen Stelle im gesamten Stadtgebiet dem Radfahrer Vorrang vor dem Auto einzuräumen – unglaublich, unvorstellbar, unmöglich. 7 Stimmen (SPD, CDU und AfD) dagegen, 4 dafür – das war´s.

 

Bemerkenswert finde ich nach wie vor, dass die Autofahrer nicht wenigstens zugeben können, dass sie auf ihre angestammten Rechte (uneingeschränkte Vorfahrt vor jedem anderen Fortbewegungsmittel bei maximalem Tempo) nicht verzichten wollen, sondern tatsächlich „Fürsorge“ ins Feld führen, um das Projekt abzulehnen. „Aus Sorge“, so betonte jede der drei Parteien, müsse man das einfach ablehnen. Es sei sonst einfach zu gefährlich für die Radfahrer.

Naja, es ist scheinbar nicht gefährlich, Altglascontainer (Grundschöttler Straße), Bushaltestellen (Fuhrparkbrücke) oder Laternen (neue Umgehungsstraße) auf Radwege zu stellen. Aber die bewegen sich ja auch nicht und können darum vom aufmerksamen Radfahrer umfahren werden.

 

Was gab es sonst noch in der BV?

 

Viele Nachfragen. Für den Kommunalpolitiker ist eine ordentlich geführte Wiedervorlage offenbar eines der wichtigsten Hilfsmittel – Themen, über die man Jahre vorher schon einmal beraten hat, erledigen sich nicht zwingend und da macht es vielleicht Sinn, hin und wieder mal nachzufragen. (Beispiele aus der TO: TOP 4.1: Nutzung des Gebäudes des ehemaligen Landesinstituts als virtuelle Klinik; TOP 5.2: Ehemalige Fläche der Eisenwerke Geweke, TOP 5.4: Ladeverkehr im Bereich Konrad-Adenauer-Ring / Schlackenmühle). Bei einigen Themen scheint es tatsächlich so, dass Vorgänge auf Verwaltungsschreibtischen unter anderen Vorgängen begraben wurden. Andererseits könnte so ein Verwaltungsmitarbeiter vielleicht auch mehr „schaffen“, wenn er nicht dauernd Rückfragen beantworten müsste. Bei manchen Themen mag es allerdings eher so sein, dass sie „mal wieder“ auf die TO kommen, weil der Antragsteller mit dem bisherigen Ergebnis nicht zufrieden war – und vielleicht hofft, dass eine erneute Behandlung des Themas zu einem anderen, genehmen Ergebnis führt.

 

Ein wiederkehrendes Thema in der BV-Arbeit ist das Thema „Parken“. Da ist man als Radfahrerin ja mal im Vorteil – um mein Fahrrad abends abzustellen, erwarte ich eigentlich nicht, dass der Steuerzahler oder mein Vermieter mir eine gepflasterte Fläche im öffentlichen Raum zur Verfügung stellen. Ich kenne Menschen, die tragen ihr Rad in den Keller, meins steht hinterm Haus; Liebhaber hängen es sich sogar ins Wohnzimmer (ok, da kenne ich nur einen, der sein Rad aber auch als `Braut´ bezeichnet). Für potentielle Mieter in den GWG-Häusern am Quambusch sind Parkplätze nach Aussage des Geschäftsführers aber ein Kriterium bei der Wohnungssuche – auf seiner Warteliste für Garagen stehen nach seiner Aussage mehr als 150 Personen. Ich will jetzt nicht darauf rumreiten, dass das Auto in der BV offenbar besonders geliebt wird – aber es ist mir schon aufgefallen, dass der „Neubau einer kombinierten Garagen- und Stellplatzanlage an der Twittingstraße“ es gleich zweimal auf die TO geschafft hat – da wollten CDU (TOP 5.5) und SPD (TOP 6.3) wohl erstmal auf Nummer Sicher gehen, dass das Thema auf jeden Fall behandelt wird.

 

Drei Buchen (Foto links) und eine dreistämmige Birke (rechts) sowie im Hintergrund noch weiteres Baum- und Buschwerk hätten dafür gefällt werden müssen – die Bäume sind deutlich höher als der viergeschossige Wohnkomplex und der Durchmesser der Buchenstämme liegt deutlich über 1,80m. Und siehe da – neben dem umweltbewussten Oberbürgermeister a.D. (auf diese Bezeichnung legt die Hasper SPD-Fraktion in einer Stellungnahme auf ihrer eigens reaktivierten FB-Seite besonderen Wert ;-)) und den beiden GRÜNEN war es vor allem die Verwaltungsmitarbeiterin, die darauf hinwies, dass Flächenversiegelung zum Zwecke des Blech-Parkens so gar nicht zeitgemäß und der jüngeren Generation gegenüber auch so gar nicht mehr vermittelbar sei. Ich schwöre: Meine weiteren Argumente (Lebensraum für Vögel, Klein-Säugetiere und Insekten, Schattenspender, Temperatursenker, Schall-Schlucker, Sauerstoff-Produzent und last but not least: Schaffung einer höheren Wohnqualität) hatte ich NICHT mit ihr abgesprochen! Nun soll es einen Ortstermin mit der GWG geben, um nach Alternativen ohne Kettensäge zu suchen.

Was mir bei dem Thema allerdings auch sehr deutlich geworden ist: Es ist gar nicht einfach, Entscheidungen zu treffen, die so unterschiedlichen Wünschen gerecht werden müssen. Dass die GWG für ihre zukünftigen Mieter attraktiv bleiben will, kann man ihr nicht verdenken – und dass Parkplätze für die Menschen so wichtig sind, das liegt daran, dass der Umstieg auf andere Verkehrsmittel für viele immer noch undenkbar erscheint.

Was ich mir in meine Wiedervorlage schreibe: Bei jeder BV-Diskussion zum Thema Ausbau des ÖPNV und Verbesserung des Radwege-Netzes darauf hinweisen, dass man diesen Umstieg ermöglichen muss – sonst werden alle Garagen dieser Welt nicht ausreichen. Am Ende gibt es immer mehr Autos als Stellflächen.

 

Unsere GRÜNE Anfrage, ob wir in Hagen bald einen „Wald-Ranger“ ((TOP 5.6) begrüßen können, wurde von der Verwaltung erstmal nicht abschließend beantwortet. Und über das Thema „Sicherheit in Haspe“ (TOP 5.3) schreibe ich die Tage mal ausführlicher – es scheint mir zu komplex, um es hier in einem Gesamtbericht nur anzureißen.

 

Auch heute noch eine Randbemerkung: Der AfD-Vertreter hatte seinen ersten „richtigen“ Wortbeitrag, kam in Begleitung und tuschelte mehrfach mit dem Banknachbarn, was vom amtierenden Bezirksbürgermeister – danke dafür! – angemahnt wurde. Schade, dass das Ignorieren nach links (das ist nicht politisch gemeint, sondern im Ratssaal eher geographisch) bei Einzelnen offenbar besser funktioniert als nach rechts…

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